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1. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 20

1877 - Oldenburg : Stalling
20 - dazu schien der rechte Zeitpunkt ebensowohl gekommen zu sein, wie zur Niederhaltung der nationalen Bewegung in Deutsch-land. Kotzebue's Ermordung durch Sand gab dem Fürsten Met-ternich Gelegenheit, dem König Friedrich Wilhelm Iii. von Preußen fortwhrend das Schreckbild einer deutschen Revo-lution vor Augen zu halten und diesen Monarchen mit der Besorgni vor einer im Stillen schleichenden Macht des re-Volutionren Geistes zu erfllen. Von Ertheilung einer Verfassung in Preußen war nun feine Rede mehr; der König behielt zwar Wilhelm von Humboldt und Boien, der am Ver-fafsungswerke gearbeitet, unter seinen Rthen, wollte aber erst ruhigere Zeiten abwarten, und Hardenberg, der frher Stein's patriotische und liberale Politik befolgt, schlug sich jetzt eben so leicht auf die andere Seite. Der König gab sich nun unbedingt den Ideen Metternichs hin, und Preußen schlo sich allen politischen Maregeln Oestrichs an. Da in dem erstarrten streichischen Kaiserstaat Niemand zu be-lstigen war, so gewann Metternich, indem er bei der Ver-folgung der Demagogen" Preußen in den Vordergrund schob, noch den besonderen Vortheil, die ffentliche Meinung gegen diesen Staat, auf dem bis dahin die deutschen Hoffnungen beruht, zu verbittern und fein politisches Ansehen zu schwchen. Nun wurden im Jahre 1819 die preuischen Turnpltze geschlossen, ihr Grnder, Jahn, verhaftet, ebenso andere Pro-fefforert, wie auch Studirende, und ihre Papiere mit Beschlag belegt. In Berlin wrbe gegen die bemagogischen Umtriebe", wie man sich ausbrckte, eine Untersuchungs-Cornrnission ein-gesetzt, an beren Spitze der Minister des kniglichen Hauses, Fürst Wittgenstein, und Geheimrath Kamptz stauben, der jetzt ein eifriger Verfolger feiner politischen Gegner wrbe. Doch Metternich ging noch weiter. Am 6. August 1819 wrbe unter seinem Vorfitze ein Minister-Congre in Karlsbab erffnet, *) beffen Beschlsse auf folgenbe brei Punkte hinaus- *) Das Protokoll fhrte der gewandte und talentvolle, aber genuschtige und frivole Hofrath von Gentz, der der des eigenen Systems Unbaltbarteit die berchtigten Worte aussprach: Mich und den Metternich hlt es noch aus!" wie denn auch Metternich selbst geuert haben soll: Apres nous le deluge!"

2. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 39

1877 - Oldenburg : Stalling
39 den Sicilianern im Jahr 1812 unter englischem Einflu verliehene freisinnige Verfassung auf, und fhrte die unumschrnkte Regierungsgewalt wieder ein. Von den franzsischen Einrichtungen wurden die, welche Gesittung und Fortschritt htten frdern knnen, beseitigt, diejenigen aber, welche, wie das Steuerwesen, der Regierung vermehrte Machtquellen zu-fhrten, sorgfltig belassen, und das ganze Unterrichtswesen den Jesuiten berwiesen. In demselben Mae, wie aller Fortschritt hierdurch niedergehalten ward, blhte das Ruber-Wesen auf, so da die Regierung mit einzelnen Huptlingen frmliche Vertrge abschlieen mute, um die Ruber durch ihre Anfhrer auszurotten. Im Kirchenstaate schaffte Papst Pius Vii. nach seiner Rckkehr (1814) Alles ab, was an die Franzosenherrschaft erinnern konnte; das alte System trat wieder in Kraft, und mit ihm eine Reihe verjhrter Mibrauche. Die Inquisition und der Jesuitenorden kehrten zurck und eine Unzahl von Klstern tauchte auf; alle hheren Stellen in der Verwaltung und Rechtspflege kamen in die Hnde der Prlaten; das Bettel- und Ruberwesen gedieh auch hier zur Blthe. In Toskana stellte der Groherzog Ferdinand Iii. die frheren Einrichtungen zwar wieder her, aber der Geist der Bildung, Milde und Gerechtigkeit, der einst seinen Vater Leopold beseelt hatte, war auch auf den Sohn bergegangen. Die Unterthanen hatten keine Ursache zur Unzufriedenheit und schlssen sich deshalb spter, als andere italienische Staaten, den Bestrebungen fr eine nationale und politische Wiedergeburt Italiens an. Wahrend Parma, wo Napoleons hinterlassen: Gemahlin die Erzherzogin Maria Louise, regierte, sich, wenn auch keiner liberalen, doch einer milden Verwaltung erfreute, schien es sich der Herzog von Modena zur Aufgabe gemacht zu haben, sein Volk durch despotische Hrte zu erbittern. Victor Emanuel, der auf feiner Insel Sardinien die acht Jahre franzsischer Herrschaft vertrumt hatte, verfolgte na* seiner Rckkehr (1814) alle franzsischen Einrichtungen mit dem unsinnigsten und wildesten Haffe, lie aber den hheren Steuerfu bestehen. Die Vorrechte der Geistlichkeit und des Adels wurden wieder hergestellt, die Bisthmer von acht auf

3. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 68

1877 - Oldenburg : Stalling
68 denen sich Sir Francis Burdett auszeichnete, ging nicht so weit, verlangte aber auch bedeutende Vernderungen in den Institutionen des Staates. Ueber diesen Parteien stand die eigentliche Parlaments-Opposition-, im Oberhause von Lord Grey, im Unterhause von Brougham und Tierney gefhrt, bezweckte sie eine Ausdehnung des Wahlrechts und die Eman-cipation der Katholiken, war aber jeder tieferen Erschtterung des englischen Staatslebens abgeneigt. So sehr auch diese Parteien unter sich verschieden waren, so stimmten sie doch in der Verwerfung des damals herrschenden politischen Systems berein und riefen unter dem Volke eine gefhrliche Ghrung hervor. Als der Prinz-Negent im Jahr 1817 das Parlament erffnete, wurde er und sein Gefolge von der Menge mit Drohungen und Verwnschungen empfangen, mit Steinen geworfen und nur mit Noth vor weiteren Mihandlungen geschtzt. Darauf ward die Habeas-Corpus-Akte fr eine Zeit lang aufgehoben, das Versammlungsrecht beschrnkt und die Pregesetzgebung verschrft. Gleichwohl vermochte diese Strenge, so lange Castlereagh am Ruder sa, die Ausbrche der Unzufriedenheit nicht zu dmpfen. Inzwischen hatten die inneren Verhltnisse der kniglichen Familie das grte Aufsehen erregt. Der Prinz-Regent hatte die Absicht, seine einzige Tochter, die Prinzessin Charlotte, mit dem Prinzen von Dramen, dem ltesten Sohne des Knigs j der Niederlande, zu vermhlen. Die Verbindung scheiterte -jedoch an dem Widerspruche der Prinzessin. Diese heirathete nun im Mai 1816 den Prinzen Leopold von Sachsen-Koburg, : starb aber schon im November 1817 nach der Entbindung von I einem todtgebornen Kinde. Da sie die Hoffnung der Nation i gewesen, so zerri ihr Tod das letzte Band zwischen dem i Prinz Regenten und dem Volke. Das Verhltnis wurde noch j schroffer, als bei einem durch die wachsende Nahrungslosigkeit in Manchester ausgebrochenen Volksaufstand gegen 500 Personen vom Militr verwundet oder getdtet wurden (August 1819), ein Blutbad, das in England einen allgemeinen Schrei i des Entsetzens und der Entrstung gegen die Regierung her-vorrief. Im Jahre darauf wurde eine Verschwrung entdeckt, j die auf nichts Geringeres ausging, als auf Ermordung der j Minister, Plnderung der Bank, Bewaffnung des Pbels und ;

4. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 73

1877 - Oldenburg : Stalling
73 redsamkeit die ganze Insel beherrschte. Unermelich war der Jubel der Iren, als O'connell fr die Grafschaft Clre, wo ein Parlamentssitz frei war, am 5. Juli 1828 mit groer Stimmenmehrheit zum Parlamentsmitglied ausgerufen wurde. Eben so groes Aufsehen erregte diese Wahl in England. Wellington, der seinen gebten Feldherrnblick auf die Politik bertrug, erkannte alsbald, da die Ausnahmegesetze gegen die Katholiken nicht mehr zu halten seien, da man die Wahl habe zwischen Brgerkrieg und Nachgeben, und er whlte das Letztere. Der Kampf der die von ihm eingebrachte Emanci-pationsbill wurde von beiden Seiten mit groer Leidenschaft, aber auch mit seltener Grndlichkeit und Schrfe gefhrt. Endlich aber ward die Bill von dem Unterhause, bald dar-auf von den Lords angenommen, und am 13. April 1829 vom König unterzeichnet und zum Gesetz erhoben. Damit war die Gleichberechtigung der Katholiken mit den Protestant ten ausgesprochen, nur konnte kein Katholik Lordkanzler von England oder Viceknig von Irland werden; den katholischen Parlamentsgliedern wurde das eidliche Versprechen abgenom-men, nichts gegen die protestantische Staatskirche zu unter-nehmen. Bald traten acht katholische Lords ins Oberhaus. Mit der Emancipation der Katholiken trat in der englischen Verfassung eine groe Vernderung ein, die zunchst auf confessionellem Gebiete mit dem alten System brach. Da aber diese durchgreifende Umwandelung ohne Anwendung uerer Gewalt, nur durch die Macht des Gedankens und des Wortes und durch die Entscheidung der Volksver-tretung erreicht wurde, bleibt ein Glanzpunkt in der Geschichte des englischen Verfassungswesens.

5. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 74

1877 - Oldenburg : Stalling
74 -Vii. Frankreich bis zur Julirevolution. (1815-1830.) Die Schlacht bei Waterloo hatte die Bourbonen zum zweiten Male auf den franzsischen Thron gefhrt. Am 9. Juli 1815 hielt die knigliche Familie ihren Einzug in Paris. Ludwig Xviii., ehemals Graf von Provence, hatte schon bei seiner ersten Rckkehr (1814) auf das Andrngen der fremden Mchte eine Verfassung (charte constitutionelle) ertheilt, die viele freisinnige Bestimmungen enthielt. Es gab damals in Frankreich vier Parteien: die constitutionelle, zu der Lafitte, Manuel, Lafahette, Beranger, Benjamin-Constant gehrten, umfate den grten Theil der Nation, insbeson-dere die Gebildeten. Zwei andere Parteien, die Republikaner und Bonapartisten, hatten nach den bitteren Erfahrungen der letzten Jahrzehnte nur geringe Bedeutung. Um so mchtiger regte sich die vierte Partei, die der ungemigten Royalisten oder Ultra's, die nichts weniger als eine vllige Wiederher-stellung der Zustnde vor der Revolution von 1789 erwarteten und erstrebten. Herstellung der Privilegien des Adels und der Geistlichkeit als der alten bevorrechteten Stnde, Rckgabe der veruerten Adels- und Kirchengter, Herrschaft durch die hchsten Hof-, Militr- und Civilstellen, so wie Beherrschung des gesammten Unterrichtswesens: das waren die Ziele, deren Erreichung sich die Partei der Ultra's gesetzt hatte, zu der Adel und Geistlichkeit gehrten, und die im Pavillon Marsan" ihre dem Staate verderbliche Thtigkeit bte. An ihrer Spitze stand des Knigs Bruder Karl, der achtundfnfzigjhrige Graf von Artois, der den Oberbefehl der die Nationalgarde fhrte und an der Spitze einer streng-kirchlichen Genossenschaft, der Congregation, stand. Bei der Kinderlosigkeit Ludwigs Xviii. war Graf Artois der nchste Erbe des Thrones. In seiner Jugend hatte er als voll-kommener Cavalier gegolten, dem keine noble Passion fremd geblieben, und im Auslande war er die Seele der Emigration gewesen, die Blume oder der Spiegel der Ritterschaft; man sagte von ihm, er wisse auf das Gratlseste sein Ro zu be-steigen, auf das Ritterlichste seinen niemals von Feindes-

6. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 143

1877 - Oldenburg : Stalling
143 der sich die Aufhebung der legislativen Union Irlands mit England und die Wiederherstellung eines eigenen irischen Parlamentes zur Aufgabe stellte. Bald war die ganze Insel mit einem Netze von Repeal-Vereinen bedeckt, welche die Ver-einigung mit England aufzulsen (repeal, widerrufen) suchten. Das Ministerium erklrte zwar die Bewegung fr aufrhre-rifch und lie sogar O'connell und einige seiner Anhnger verhaften. Sie wurden aber bald wieder frei, und O'connell setzte nun seine Bestrebungen mit um so grerem Eifer fort; die Masse des Volks vereinigte sich zu Riesenversammlungen (Monster-meetings) von mehr als 100,000 Menschen; dabei aber mahnte O'connell stets zum Frieden und warnte vor Aufruhr und Gewaltthat. Dennoch war er nicht mehr Herr der Bewegung. In Irland nahmen Unordnung und Gewalt-thtigkeit berhand, und die Bevlkerung weigerte sich, der englischen Kirche den Zehnten zu entrichten. Ein Gewinn fr Irland war die Auflsung des Bundes der Oranienmnner, an deren Spitze des Knigs Bruder, der Herzog von Cumber-land, stand, die in ihrem strflichen Uebermuthe so weit gingen, da sie in absichtlich hervorgerufenen Streitigkeiten alljhrlich das Blut ihrer katholischen Mitbrger vergossen. Da man ihnen sogar hochverrterische Absichten Schuld gab, indem sie nach dem Tode Wilhelms Iv. ihrem Oberhaupte die Thronfolge verschaffen wollten, so sah sich der Herzog selbst genthigt, die Auflsung des Bundes zu bewirken. Am 20. Juni 1837 starb Wilhelm Iv. Es folgte ihm seine achtzehnjhrige Nichte Victoria, die Tochter seines ver-storbenen Bruders, des Herzogs von Kent. Sie vermhlte sich am 10. Februar 1840 mit ihrem Vetter, dem Prinzen Albert von Koburg, einem durch Talent, feine Bildung und Charakter ausgezeichneten Fürsten.*) Die neue Knigin, mit liberalen Grundstzen vertraut, nherte sich der Partei der Whigs, und im Jahr 1838 setzte das aus ihnen gebildete Ministerium Melbourne zu Gunsten der Jrlnder die Zehnt- *) Er starb am 14. December 1861 zum groen Kummer ferner Gemahlin, ohne die von ihm angeregte Weltausstellung zu London (1. Mai 1862) zu erleben. Der Thronerbe, Albert Eduard, tft am 9. Nov. 1841 geboren.

7. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 147

1877 - Oldenburg : Stalling
- 147 Feindseligkeiten bten, wurde ein neuer Krieg Englands und Frankreichs nthig, um den Uebermuth und die Treulosigkeit des himmlischen Reichs der Mitte" noch schrfer zu zchtigen (1860). Die Verbndeten eroberten die Peiho-Forts und drangen bis Peking vor, wo die Franzosen den kaiserlichen Sommerpalast ausplnderten, und erzwangen einen Frieden, der das abgeschlossene Reich in den europischen Verkehr hineinzog. Japan hatte bereits 1854 seine Hfen den Eng-lndern und bald darauf auch anderen Nationen geffnet. Auch in Amerika, Afrika und Australien nahm das bri-tische Colonialwesen einen gnstigen Fortgang. Unter-Canada, dessen Bevlkerung zum groen Theil franzsischen Stammes ist, drohte mit Losreiung, wurde aber durch die den Cana-diern verliehene Verfassung von 1840 zur Ruhe gebracht. Im Caplande erweiterte sich die britische Herrschaft immer mehr und evangelische Missionsstationen sorgten fr die Ver-breitung des Christenthums. In Neuholland, Vandiemens-land erfreuen sich die britischen Colonien einer raschen Ent-Wickelung, nur tritt die Entdeckung der reichen Goldschtze den Fortschritten hherer Bildung strend in den Weg. Xiv. Die Trkei. Sultan Mahmud n. und Mehe-med Ali, Viceknig von Aegypten. Rulands Panslavismus. Antagonismus zwischen Rußland und England. Nach dem Frieden von Adrianopel (vgl. V.) hatte sich Sultan Mahmud Ii. die Aufgabe gestellt, das Heer nach europischer Weise zu organisiren und eine durchgreifendere Ordnung in allen Zweigen der Verwaltung einzufhren, in der Ueberzeugung, da ohne solche Reformen das trkische Reich seiner Auflsung unaufhaltsam entgegengehen msse. Zunchst galt es, die aufrhrerischen Albanesen und Bosnier, die ihm im Kriege gegen Rußland nur geringe Hlfe geleistet hatten, zu unterwerfen. Das gelang endlich seinem Gro-vezier Reschid Pascha, der eben so durch Schlauheit wie durch 10*

8. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 156

1877 - Oldenburg : Stalling
- 156 - finden. Die ersten Unruhen entstanden in Kassel in Folge einer Brodtheuerung (6. Sept. 1830), nahmen aber bald einen politischen Charakter an. In Kassel bewaffnete sich die Brgerschaft, und die Aufregung theilte sich dem ganzen Lande mit. Auf das Militr konnte sich der Kurfürst nicht unbedingt verlassen. Am 15. September ward er zu dem Versprechen genthigt, die Landstnde einzuberufen, was er nie gethan hatte. Eine neue Verfassung, die einen bedeutenden Fortschritt bildete, ward entworfen, und am 5. Januar 1831 die Verfassungsurkunde vom Kurfrsten unterzeichnet. Dieser zufolge gab es seitdem eine Stndeversammlung, welcher Theil-nhme an der Gesetzgebung, der Steuerbewilligung und an der Verwaltung der Staatseinnahmen zugesichert ward. Die Presse war, mit einigen Beschrnkungen in der Ausbung, fr frei erkannt. Da der Kurfürst sich an die Schmlerung seiner Gewalt nicht gewhnen konnte, und ein Versuch, die Grfin Reichenbach nach Kassel kommen zu lassen, beinahe einen Ausstand hervorrief, so verlie er seine Residenz und ging nach Hanau und von da nach Frankfurt a. M., um mit der Reichen-bach ungestrt leben zu knnen. Seinen Sohn, den Kurprinzen Friedrich Wilhelm, ernannte er (Septbr. 1831) zum Mitregenten, da er nach der Verfassung sein Land von einem fremden Gebiete aus nicht regieren durfte, und dieser ber-nahm von jetzt an allein die Regierung. Im Knigreich Sachsen war es nicht die Unzufriedenheit mit den Sitten und dem Wandel der regierenden Personen, was den Ausbruch von Unruhen hervorrief, sondern der Verfall der ffentlichen Zustnde. Das Gerichtsverfahren war schleppend und verworren. Die Städte standen unter sich selbst ergnzenden Magistraten, die nach oben hin eine sehr unvollstndige, nach unten hin gar keine Rechenschaft ablegten. Die meist adeligen Besitzer der Rittergter besaen Vorrechte, welche das Landvolk in tiefster Abhngigkeit von ihnen erhielten. Die Willkr der Polizei gegen die unteren Klassen war grenzenlos. Die Strenge der Censur beeintrch-tigte den Leipziger Buchhandel, eine der vornehmsten Erwerbs-quellen des Landes. Die Industrie war durch hohe Abgaben niedergehalten und die Steuern drckten durch ungleiche Verkeilung den durch den groen Krieg schon ohnedies her-

9. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 158

1877 - Oldenburg : Stalling
158 Gttingen, dem es gelang, die Bewegung schnell zu unter-drcken. Die Urheber derselben hatten sich meist durch die Flucht gerettet. In Folge der zahlreichen Petitionen, die an König Wilhelm Iv. nach London einliefen, fand sich dieser bewogen, den Grafen Mnster zu entlassen und den Entwurf zu einer neuen Verfassung berathen zu lassen, die allem Widerstreben der Adelspartei zum Trotze im Jahre 1833 eingefhrt wurde. In den sddeutschen constitutionellen Staaten trat in Folge der franzsischen Julirevolution keine gewaltsame Unter-brechung der bestehenden Verhltnisse ein. In Hessen-Darmstadt ri der Nothstand das Landvolk zu Unordnungen hin, die an den Bauernkrieg des 16. Jahrhunderts erinnern konnten, aber keinen politischen Charakter trugen. Nur in Rheinbaiern erhob sich eine demokratische Bewegung, deren Ziel mit deutschen Zustnden unvereinbar war. Der Rheinkreis hatte sich nie an das altbaierische Wesen gewhnen knnen. Am 24. Mai 1832, dem Jahrestage der baierischen Verfassung, wurde auf dem Bergschlosse Hambach, bei Neustadt an der Hardt, eine groe Volksversammlung ab-gehalten, zu der aus allen Gegenden Deutschlands bei 30,000 Menschen mit schwarz-roth-goldenen Farben herbeistrmten. Die Redner, wie Dr. Wirth, Redacteur der deutschen Tribne, und Dr. Siebenpfeiffer, Redacteur des Westboten, stellten in kraftvollen und begeisterten Reden nichts Geringeres als Re-publikanifirung und Einheit Deutschlands mit Volkssouvernett in den Vordergrund, ohne zu erwgen, da es ihnen an allen Mitteln, solche Absichten zur Ausfhrung zu bringen, fehlen werde. Sie bewiesen in ihrer Verblendung nur die politische Unfhigkeit ihrer Partei. Es gelang daher dem baierischen Feldmarschall, Fürsten Wrede, mit wenigen Truppen ganz Rheinbaiern ohne Widerstand zu unterwerfen. Die Reaction benutzte diese Verirrungen und Uebertrei-bungen der demokratischen Partei, um neue Ausnahmezustnde fr Deutschland zu schaffen, und Metternichs Diplomaten waren eifrig bemht, den Reprsentativstaat als gleichbedeutend mit Revolution den deutschen Fürsten vor Augen zu stellen. Der Bundestag aber erlie unter dem 28. Juni und 5. Juli 1832 eine Reihe von Beschlssen, von denen einige nur

10. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 178

1877 - Oldenburg : Stalling
178 - Nachdem sich der Rausch der Begeisterung etwas gelegt hatte, traten allmhlich die Parteien wieder hervor. Die Legitimisten oder die Anhnger der vertriebenen Dynastie zogen sich aus dem Staatsdienste zurck, ohne ihre Hoffnung auf Wiederherstellung des rechtmigen Thrones aufzugeben. Auch die hhere Geistlichkeit und die Mehrheit der niederen war dem Julithrone abgeneigt und schlo sich um so enger an die Kirche an, während ein geringer Theil zur Demokratie ber-ging, den Abbe de Lammenais an der Spitze, der aber nach manchen Irrfahrten mit der Welt und mit seiner Kirche zer-fiel. Die Legitimisten in Verbindung mit der Geistlichkeit arbeiteten durch die Presse dem neuen Thron allenthalben entgegen. Die republikanische Partei war eigentlich beim Ausbruch der Revolution fr Beseitigung des Knigthums gewesen,'hatte sich aber durch Lafayette bewegen lassen, unter Gewhrleistung demokratischer Institutionen zum Julithrone berzugehen. Aber der wenn auch ermigte Census zum Wahlrechte, das Zweikammersystem und die Centralisation der Verwaltung erregte die Erbitterung der republikanischen Partei, die durch den Einflu ihrer feindlichen Presse und der zahlreichen geheimen Gesellschaften endlich den Sturz des Julithrones herbeifhrte. Eine dritte Partei, die schon unter der Restauration entstanden war, wurde, da sie alle bedeutende Erscheinungen im Staats- und Volksleben auf allgemeine historisch-politische Doctrinen oder Lehren zurckzufhren suchte, Doctrinaire genannt. Sie hatte sich der neuen Dynastie angeschlossen, als zwischen ihr und der Republik keine andere Wahl' blieb. Die Doctrinaire verwarfen ebensowohl die Lehre vom gttlichen Rechte des Knigthums, die zum Des-potismus-, als auch die der Volkssouvernett, die zur Anarchie führen knne, und stellten bei Behandlung der politischen Verhltnisse den Grundsatz der richtigen Mitte (juste milieu) auf, der in der That der Natur des Juli-thrones gem war und von Ludwig Philipp zum Programm seiner Regierung erklrt ward. Die Doctrinaire hoben in der Stellung Ludwig Philipps den Umstand hervor, da er eben so wie Karl X. ein Bourbon sei, der Julithron also vom Stamm Heinrichs Iv. nicht abgegangen sei, und ver-
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